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Konzerthaus Blaibach: “Musik und Architektur öffnen Räume” - Das ArchitekTour-Interview

Architekt Peter Haimerl über einen besonderen Klangkörper, Bauen mit Beton und den ländlichen Raum

Das bayerische Örtchen Blaibach hat nur etwa 2000 Einwohner, besitzt aber eines der Top-10-Konzerthäuser der Welt. Der Münchner Architekt Peter Haimerl plante und baute den außergewöhnlichen Klangkörper. Im Interview mit Claudia Epple von Reise-ArchitekTour spricht er über den Kubus aus Beton, Kultur und die Kunst, den ländlichen Raum zu beleben.

Der Münchner Architekt Peter Haimerl konzipierte den Solitär aus Beton. Foto: Peter Haimerl Architektur
Der Münchner Architekt Peter Haimerl konzipierte den Solitär aus Beton. Foto: Peter Haimerl Architektur

Wie erzeugt man so eine beeindruckende und besondere Akustik wie im Konzerthaus Blaibach im Bayerischen Wald?

 

Peter Haimerl: Indem man den Regeln der Konzerthaus-Akustik folgt. Indem man eine Schuhschachtel nimmt und innen so deformiert, dass der Schall in die richtige Richtung gelenkt wird.

Und indem man Material verwendet, das sich sehr gut eignet, um vielfältige Formen herzustellen, die gleichzeitig eine lebendige, interessante Oberfläche und eine haptische Materialität haben.

 

Was verbindet Musik und Architektur?  

 

Peter Haimerl: Musik und Architektur sind sich extrem ähnlich – beides sind neue emotionale Räume, die den Raum, der vorher da war, für die Menschen, die sich in dem Raum bewegen, komplett verändern. Man erschafft etwas komplett Neues – wie ein Schöpfungsakt. Einen neuen Raum, ein neues, kleines Universum. Ähnlich wie mit Musik mit neuen Schwingungen und eigenen Empfindungen entsteht auf wundersame Art und Weise ein neuer Raum. Man kann nicht sagen, dass die einzelnen Elemente und Töne der eigene Raum sind: Erst die Komposition erschafft das Wunder. Architektur ist ähnlich wie Musik nicht statisch erfahrbar, sondern wird durchlebt.


“Architektur ist ähnlich wie Musik nicht statisch erfahrbar, sondern wird durchlebt.”

Peter Haimerl


Kann Kultur helfen, den ländlichen Raum wiederzubeleben?  

 

Peter Haimerl: Ohne Kultur kann man überhaupt keinen Raum beleben. Kultur ist die Grundlage für alles. Ohne Kultur ist es nur ein funktionaler Raum. Kultur ist der Kit, der alles zusammenhält. Der Boden, auf dem menschliches Zusammenleben erst möglich wird. Sinnvoll und angenehm ist. Und durch die Kultur kommen Menschen von außen und es entsteht neuer Austausch. Durch das Konzerthaus kommen neue Menschen, die sonst vielleicht nicht nach Blaibach gefahren wären…

“Die Menschen müssen erkennen, dass das, was man vorhat, die Gegend bereichert.”

Peter Haimerl


Haben Sie noch mehr Ideen, wie es Städte und Gemeinden gelingen kann, neue, innovative Strukturen in der Stadt und auf dem Land zu schaffen?   

 

Peter Haimerl: Im ländlichen Raum sollte man versuchen, die vorhandenen Stadtkerne lebendiger zu gestalten oder eben die Einfamilienhaussiedlungen nicht nur monofunktional zu beleben. Insgesamt sollte man mehr Synergieeffekte nutzen: das würde vielleicht auch dafür sorgen, dass sich die Leute weniger bewegen und auch weniger Energie verbrauchen.

Bei Umstrukturierungen sollte man darauf achten, nachhaltige Materialien zu verwenden. Beim Verändern müssen wir aufpassen, dass nicht nur vielseitig, sondern intelligenter geplant wird. Dafür ist Architektur das Beste, was es gibt. Weil sie umfassend ist und viele Bereiche abdeckt. 

 

Unsere Partner vom Informationszentrum Beton (IZB) haben dieses wunderbare Kurzvideo über das Konzerthaus gedreht.


Wie konnten Sie die Entscheidungsträger aus der Gemeindeverwaltung und die Bürger in Blaibach von der Idee überzeugen?

 

Peter Haimerl: Die Menschen müssen erkennen, dass das, was man vorhat, die Gegend bereichert. Die Idee muss fundiert sein. Sowohl der Intendant Thomas Bauer als auch ich kommen ja aus dem Bayerischen Wald. Wir kennen die Vorzüge der Gegend und haben gesehen, was dort noch fehlt. Wichtig war außerdem, dass unser Engagement über alle Maßen hinausging. Wir wollten nicht bloß Geld verdienen, sondern haben uns für die Sache selbst eingesetzt. Und dafür haben wir sehr viel Energie aufgebracht. 

Wieso haben Sie das Konzerthaus mit dem Werkstoff Beton gebaut?

  

Peter Haimerl: Weil Beton viel mit der Bautradition im Bayerischen Wald zu tun hat. Beton ist auf der einen Seite ein sehr präziser Werkstoff – andererseits kann man ihn „lässig“ verarbeiten. Das entspricht genau der Art, wie ihn früher Handwerker, Baumeister und Steinmetze in der Gegend verarbeitet haben.

Außerdem ist Beton vielfältig einsetzbar – zum Beispiel als Tragstruktur, als Fassade und für Innenräume.  

 

Welches Konzert oder welcher Moment hat sie bislang im Konzerthaus Blaibach am meisten begeistert und warum?   

 

Peter Haimerl: Das war natürlich das Eröffnungskonzert, die Johannespassion von Bach, weil wir da natürlich unglaublich gespannt waren, wie es klingt und wie es ankommt. Als wir merkten, dass die Besucher und die Presse begeistert waren, war das schon ein tolles Gefühl.

Architekt Peter Haimerl im Konzerthaus Blaibach
Architekt Peter Haimerl im Konzerthaus Blaibach


Sie wollen dieses einzigartige Konzerthaus selber erleben?

Genießen Sie die wunderbare Architektur und Akustik im Konzerthaus Blaibach. Während unserer Studienreisen vom 18. bis 19. November 2022 und vom 2. bis 3. Dezember 2022 erzählt Architekt Peter Haimerl über seine Arbeit und seine Visionen für den ländlichen Raum.

 

Intendant Thomas Bauer führt Sie exklusiv durch das Konzerthaus. Außergewöhnliche Baukultur erleben Sie am Haus am Schedlberg, einem alten Waldlerhaus, das Peter Haimerl mit innovativen Ideen aus Beton vor dem Verfall rettete.

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ReiseArchitekTour · Reisebüro · Claudia Epple

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