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Traumziel Wien - Das ArchitektTour Interview

Ein- und Ausblicke im Interview mit unserer Fachguidin Felicitas Konecny

Ich träume mich in eine andere Stadt - Traumziel Wien

 

In unserer Reihe "Ich träume mich in eine andere Stadt" stellen wir die beliebtesten Ziele unsere ArchitektTouren in Interviews mit unseren architekturkundigen Guides vor Ort vor. Natürlich mit besonderem Fokus auf Architektur-Themen und Veränderungen aufgrund der neuen Corona-Situation im 1. Lockdown.

 

Dieses Mal sprechen wir mit der Architektin und Guidin Felicitas Konecny. Wir haben mit Ihr schon mehrfach unsere Firmenkunden und Interessenten von Wien und seine unglaublichen Breite und Tiefe in Architektur und Kultur begeistert.

 

 


Wien unter besonderen Umständen

Wie fühlt sich Deine Stadt Wien jetzt an?

Seit der Öffnung der Geschäfte fühlt sich mein Wohnbezirk fast schon wieder normal an – an den Menschen auf der Straße sieht man allerdings die verschiedenen Haltungen zur Pandemie: ohne Maske, Maske unterm Kinn, medizinische Maske, modische Maske…

In der Inneren Stadt ist das ganz anders, da gibt es nicht nur viele Büros, sondern auch eine ganz große Dichte von Cafés und Gasthäusern, Museen, Theater und Kinos, die normalerweise sowohl von Gästen als auch von Einheimischen besucht werden. Jetzt sind pulsierende Orte wie der Michaelerplatz vor der Hofburg fast leer – eine Stimmung, die ich je nach Tageszeit als still verträumt oder als unwirklich und

unheimlich erlebe.

Was motiviert dich in dieser Auszeit ohne Gäste und ohne Führungen - was sind Deine Pläne?

In dieser dramatischen Situation gehöre ich zu der sehr privilegierten Minderheit, die von der Krise bisher nur indirekt betroffen ist. Mein Lebenselixier, zu Fuß und mit dem Rad durch die Stadt zu flanieren, wurde mir ja nicht genommen! Ich denke über neue Touren nach, recherchiere und habe zum Teil sogar intensiveren Kontakt mit Menschen, weil ich mehr Zeit zum Telefonieren oder zum Plaudern mit Kolleg*innen und Nachbar*innen habe.

Felicitas Konecny, Architectural Tours Vienna, bei einer Stadtführung mit Gästen
Felicitas Konecny, Architectural Tours Vienna, Mitglied von Guiding Architects.

Was glaubst Du, wie Deine Stadt sein wird, wenn diese Auszeit geschafft ist und wir wieder reisen dürfen?

Wien hat sich in den letzten Jahren sehr schnell verändert, es gab ein (für europäische Verhältnisse) starkes Bevölkerungswachstum, aber auch „Overtourism“ im Stadtzentrum ist zu einem Thema geworden. Wenn diese Tendenzen sich verlangsamen, gibt es mehr Chancen, Entwicklungen mit demokratischen

Prozessen zu steuern und nachhaltige Qualitäten einzufordern. Ich fürchte aber, dass wir auch viele Verluste haben werden – junge Unternehmen oder Kulturinitiativen genauso wie Traditionsbetriebe. Das soziale Klima wird rauer werden für diejenigen, die keine

(Wähler-)Stimme haben. Was mir Hoffnung macht: Die vielen jungen Menschen, die an den „Friedays for Future“ ihr Engagement bewiesen haben – auch sie werden Wien ändern.

Nachhaltiges Bauen und alte Bausubstanz

Wo steht Wien in Sachen nachhaltigem Bauen? Konkrete Beispiele

 

 

Nachhaltigkeit wird hier nicht eindimensional als technologisches Thema betrachtet, sondern als ein Zusammenspiel ökologischer, ökonomischer und vor allem auch sozialer Faktoren. Ich möchte zwei ganz konträre Beispiele herausgreifen: Einmal das HoHo, einer der weltweit höchsten Holz-Hybridbauten, von Rüdiger Lainer und Partner als Architekten und Richard Woschitz als Tragwerks- und Bauphysikplaner geplant, von Caroline Palfy (Cetus Baudevelopment) entwickelt zum Beweis, dass Holzbau auch in großen

Volumen wirtschaftlich ist.

Und andererseits magdas Hotel von AWG Architekten, wo aus einem Sechzigerjahre-Altenheim mit minimalen finanziellen Mitteln und viel Upcycling ein sozialökonomischer Betrieb entstanden ist, in dem junge Asylwerber*innen Arbeit und Ausbildung bekommen. 

Wie geht Deine Stadt mit alter Bausubstanz um – Stichwort Konversion/Bauen im Bestand. Gibt es gute Beispiele?

 

Zwei schöne Beispiele aus den letzten Jahren: Der Dachausbau von Adolf Krischanitz für die Kontrollbank, von außen fast nicht sichtbar, aber innen entsteht durch die sechseckigen Dachfenster eine spezielle räumliche Qualität. Und die Erweiterung und Sanierung der Universität für Angewandte Kunst von Riepl Kaufmann Bammer, die einerseits das ehemalige Zollamtsgebäude für die Universität umgebaut und andererseits den Wörle-Schwanzer-Trakt (1960-65) mit Sensibilität und Konsequenz saniert haben.

Highlights und Geheimtipps einer Stadtführerin

Untertitel
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Museumsplatz Wien
Museumsplatz Wien

Nenne 1-2 schöne Erinnerungen oder besondere Momente während Deiner Guidingzeit, die ein Lächeln in DeinGesicht bringen.

Was mich nach mehr als zehn Jahren mit Führungen selbst erstaunt und freut: Jede Gruppe ist anders, es gibt kein Déjà-vu, keine Routine, sondern immer wieder eine einzigartige Konstellation im miteinander unterwegs sein, die Begeisterung, neue Aspekte zu entdecken und miteinander zu diskutieren. Ich habe fast durchwegs schöne Erinnerungen!

Warum empfiehlst du einen Besuch in Wien. Welche Trends (nachhaltig, gesellschaftlich, kulturell, innovativ usw.) machen Deine Stadt besonders?

Als Reaktion auf die rasante Zunahme der Einwohnerzahl baut Wien derzeit mehrere neue Stadtteile – es stellt sich die Frage, wie kann man heute Stadt bauen für 10.000, für 20.000 Menschen? Welche Dichte braucht es, welche Wohnqualitäten, wo werden Arbeitsplätze geschaffen? Wie kann man für Vielfalt und Belebtheit sorgen, also Urbanität attraktiv machen? Die Seestadt Aspern, das Nordbahnhof-Areal, das Sonnwendviertel sind nur einige der „Stadtlabore“, wo solche Konzepte dem Praxistest unterzogen werden.

 

Es geht aber auch um Erneuerung im Bestand – das Wiener Modell der „Sanften Stadterneuerung“, in den 1970er Jahren begonnen und immer wieder angepasst, ist einer der Schlüssel, wie die historische Bausubstanz und neue Entwicklungen zusammenkommen können. Eines der besten Beispiele, aber bei weitem nicht das einzige, ist das Viertel um den Brunnenmarkt. 


 

Einzigartig ist in Wien, dass das Thema „Wohnraum für alle“ seit 100 Jahren die politische Agenda der Stadt bestimmt – von den Siedlungen und Superblocks der 20er und 30er Jahre bis zu den heutigen Bauträger- und Konzeptwettbewerben. Immer wieder wird da der Beweis angetreten, dass Architekturqualität, Innovation und leistbare Mieten kein Widerspruch sein müssen! So ist gemeinnütziger Wohnbau bis heute eine spannende Aufgabe für ambitionierte Architekturbüros wie ASAP, einszueins, feld72, franz&sue, StudioVlayStreeruwitz (um nur einige aus der jüngeren Generation zu nennen).

 

Der Genuss kommt in Wien auch nie zu kurz: Vielleicht ein Vormittag am Brunnenmarkt, ein Besuch im MuseumsQuartier, ein Abend beim Konzert oder beim Heurigen – oder gleich ein Tagesausflug nach Niederösterreich, der ganz Kunst, Kultur und Wein gewidmet ist! 

 

Ja, und dann gibt es noch ganz spezielle Projekte, wo Architektur und soziale Innovation zusammentreffen: Die Sargfabrik, die Vinzirast mittendrin, der Bildungscampus Sonnwendviertel, der Stadtelefant sind dafür Beispiele. 

 

Wahrscheinlich kann man das über viele Städte sagen, für Wien stimmt es definitiv: Die Mischung macht

es aus…

Das Interview im Videoformat

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